Site logo

Durchbruch beim Cannabisgesetz: Legalisierung kommt im April

Nach wochenlanger Hängepartie mit fast täglich neuen, widersprüchlichen Meldungen zum Status des Cannabisgesetzes meldet die Deutsche Presse-Agentur (dpa) recht überraschend, dass die Unstimmigkeiten in der Ampel-Koalition nun ausgeräumt seien. Damit wäre endlich der Weg frei für Säule 1 der Cannabis-Legalisierung. Die Vize-Fraktionschefs Dagmar Schmidt (SPD), Maria Klein-Schmeink (Grüne) und Konstantin Kuhle (FDP) haben dies am Abend des 1. Februar der dpa mitgeteilt, das Gesetz könne wie zuletzt geplant am 1. April 2024 in Kraft treten. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und Carmen Wegge von der SPD haben dies bereits auf X bestätigt.

Streit über das CanG gab es nur in der SPD

Etwas irreführend heißt es in der dpa-Meldung, der „Zwist“ zwischen den Koalitionsfraktionen sei beigelegt worden. In Wahrheit gab es solchen Zwist aber nur innerhalb der SPD, deren Bundestagsfraktion und mit einigen Landespolitiker:innen, wie wir erst kürzlich berichtet haben. FDP und Grüne hatten dagegen immer wieder auf die bereits im November zwischen den Fachpolitikern erzielte Einigung verwiesen und sich – wie alle Befürworter des CanG – ob des Eiertanzes in der SPD verwundert die Augen gerieben. Gegner der Teillegalisierung hatten sich zwischenzeitlich sogar zu der Behauptung verstiegen, die SPD-Bundestagsfraktion sei mehrheitlich gegen den Gesetzentwurf – als gäbe es die einschlägigen Vorstands- und Parteitagsbeschlüsse für eine neue Drogenpolitik nicht, zuletzt auf dem Europa-Parteitag der SPD Ende Januar.

Nun haben offenbar die Krisengespräche der letzten Wochen und auch der massive öffentliche Druck aus der Cannabis-Community gefruchtet. Die lautstarken Blockierer, angeführt vom kriminalpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, Sebastian Fiedler, beharren zwar auch weiterhin auf ihren wenig substanziellen Gegenargumenten. Nach unseren Informationen ist aber am Ende in der Fraktion abgestimmt worden, wobei sich gezeigt hat, dass die Abweichler eben nur eine kleine Zahl der SPD-Abgeordneten repräsentieren.

 

Evaluationsklausel wird „geschärft“

Um den Skeptikern dennoch ein Stück entgegenzukommen, ist die Evaluation des Gesetzes etwas geschärft worden. Wie LTO heute meldet, sollen neben den Auswirkungen auf den Gesundheits- und Jugendschutz auch Aspekte der Bekämpfung des Schwarzmarktes und der organisierten Kriminalität einbezogen werden (wenngleich in § 43 des Gesetzentwurfs bereits auf „cannabisbezogene Kriminalität“ Bezug genommen wird). Außerdem solle die Evaluation vorgezogen werden und „zeitnah“ erfolgen – ein neues Lieblingswort der Genossen. Bislang war in § 43 die Vorlage eines „umfassenden Berichts über die Ergebnisse der Evaluation“ vier Jahre nach Inkrafttreten vorgesehen. Ansonsten gebe es „inhaltlich keine wesentlichen Änderungen“ gegenüber dem im Gesundheitsausschuss geeinten Entwurf von Ende November. Es bleibt dabei, dass Entkriminalisierung und privater Eigenanbau zum 1. April 2024 kommen sollen, die Regelungen zu Cannabis-Clubs bzw. Anbauvereinigungen zum 1. Juli 2024.

Verabschiedung noch im Februar

Die Vorlage des dann wirklich finalen Gesetzentwurfs wird um Mitte Februar erwartet. Am 20. Februar soll der Gesundheitsausschuss hierzu einen Bericht vorlegen – just in time zur dritten Sitzungswoche des Bundestags – so dass die 2. und 3. Lesung des CanG fast sicher am 21. oder 22. Februar auf der Tagesordnung steht und das Gesetz vom Plenum mit deutlicher Mehrheit verabschiedet wird. Gänzlich ausgestanden ist die Zitterpartie allerdings noch nicht: Die Erfahrung zeigt, dass manche SPDler zu allem fähig sind – auch, weiterhin Stunk gegen das Vorhaben zu machen, zumal die Änderungen ganz offensichtlich marginal ausfallen.

Bundesrat tagt zehn Tage vor geplantem Inkrafttreten

Auch der Bundesrat, der am 22. März zusammenkommt, kann theoretisch den Vermittlungsausschuss anrufen und das Inkrafttreten des Cannabisgesetzes damit noch ein Stück verzögern. Aufhalten kann er es mangels Zustimmungspflicht indes nicht – der Bundestag könnte einen solchen Einspruch mit einfacher Mehrheit zurückweisen.

Es ist auch äußerst unwahrscheinlich, dass es zu einem solchen Szenario kommt: Erstens pflegen sich die Landesregierungen, in denen es unterschiedliche Ansichten gibt (weil z.B. CDU und Grüne gemeinsam regieren) im Bundesrat zu enthalten. Die einzige Landesregierung, an denen keine der Ampelparteien beteiligt ist, ist aktuell die von Bayern. Zweitens ist schwer vorstellbar, dass die SPD-geführten Länder am Ende ihrer eigenen Partei in den Rücken fallen, zumal auch dann wieder die Grünen, die FDP oder die Linke zur Stelle wäre (nur im Saarland regiert die SPD allein).

Es war also noch nie so sicher wie jetzt: Säule 1 kommt, und damit auch die CSCs!

[UPDATE vom 22.02.24: Die Verabschiedung des CanG steht nun am morgigen Freitag, 23. Februar um 13:35 Uhr auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages und gilt als sicher. In Bezug auf den Bundesrat schlagen die Wellen allerdings plötzlich unerwartet hoch. In unserer aktuellen Einschätzung lest ihr, wie wahrscheinlich die Anrufung des Vermittlungsausschusses und damit eine potenziell monatelange Verzögerung des Cannabisgesetzes ist.]

Kommentare

  • Keine Kommentare vorhanden.
  • Kommentar erstellen