Seit dem 01.07.2024 können Cannabis Social Clubs ihren Erlaubnisantrag bei der jeweils zuständigen Behörde einreichen, um im besten Fall eine der begehrten Lizenzen als Anbauvereinigung zu erhalten. Während die Behörden in manchen Bundesländern – wie z.B. in Berlin – noch völlig überfordert sind, geht es in Niedersachsen erstaunlich schnell voran. Seit dem 01.07. wurden dort bereits etliche Anträge genehmigt.
Deutschlands erster CSC mit einer solchen Anbaulizenz ist der CSC Ganderkesee aus Niedersachsen. In einem exklusiven Interview mit CSC-Maps gibt uns Daniel Keune (1. Vorstandsvorsitzender) interessante Einblicke in seinen Club und den Erlaubnisantrag.
Inhaltsverzeichnis
CSC-Maps: Grüß dich Daniel, freut uns, dass es so spontan geklappt hat und wir heute miteinander sprechen können.
Daniel Keune: Danke, die Freude ist ganz auf meiner Seite!
CSC-Maps: Ihr seid offiziell der erste Cannabis Social Club in Deutschland, der die Anbaulizenz erhalten hat. Wie hast du die frohe Botschaft übermittelt bekommen?
Daniel Keune: Ich war gerade auf der Autobahn, als ich den Anruf von Kim, unserer Social Media Managerin, bekam. Ich konnte es gar nicht fassen und hatte sofort einen Gänsehaut-Moment. Plötzlich ging dann alles ganz schnell. Das Ministerium hatte uns am Freitag über die Entscheidung informiert, und am Montag war dann bereits der Termin, an dem uns die Lizenz überreicht wurde – samt Presse, wie man es aus dem Fernsehen kennt. Miriam Staudte, die niedersächsische Ministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, hat uns dafür persönlich besucht. Das war uns natürlich eine große Ehre, wie auch die Anwesenheit der anderen offiziellen Vertreter. Für uns war übrigens auch wichtig, unsere Gemeinde mit einzubinden, daher war auch der stellvertretende Bürgermeister mit dabei.
CSC-Maps: Dass der Antrag so schnell durchging, muss wirklich überraschend für euch gewesen sein?!
Daniel Keune: Ja, wir hatten nicht damit gerechnet, zumal die Bearbeitungszeit bis zu drei Monate dauern kann. Bei uns wurde der Antrag innerhalb einer Woche genehmigt.
CSC-Maps: Wie aufwändig war der Antrag? Habt ihr viel Zeit und Energie investiert?
Daniel Keune: Der Antrag hat viel Vorbereitung benötigt. Wir haben uns im Vorfeld mit der Landwirtschaftskammer auseinandergesetzt, um die Abläufe und Ansprechpartner zu klären. Zu unserem Glück war der Prozess recht transparent gestaltet, sodass wir unseren Antrag direkt am 01.07.2024 einreichen konnten. Die Bearbeitung verlief reibungslos, ohne Rückfragen oder Mängel. Der Vorab-Austausch mit der Landwirtschaftskammer war übrigens entscheidend für unseren Erfolg.
CSC-Maps: War jemand von der Behörde bei euch vor Ort und hat sich die potenzielle Abgabestelle oder auch die Produktionsfläche angeschaut?
Daniel Keune: Nein, das war nicht nötig. Wir haben im Nachgang bestimmte Punkte erhalten, die wir bis zu einem festgelegten Datum umsetzen müssen. Diese werden dann zukünftig vor Ort geprüft. Das Ganze ist ein laufender Prozess, daher stehen wir auch regelmäßig in Kontakt mit der Landwirtschaftskammer, um Fragen zu klären und sicherzustellen, dass wir alles planungstechnisch korrekt umsetzen.
CSC-Maps: Okay, man hört heraus, dass eine gute Kommunikation mit den Behörden das A und O ist.
Daniel Keune: Das kann man so sagen, ja! Ab dem Zeitpunkt, als wir endlich den richtigen Ansprechpartner bei der Landwirtschaftskammer gefunden haben, lief die Kommunikation hervorragend. Eine solch professionelle Zusammenarbeit mit dem Land ist schon einzigartig. Da die Landwirtschaftskammer im Bereich Agrartechnik und Flächenbewirtschaftung sehr weit vorne ist, haben wir auch Unterstützung vom Präsidenten angeboten bekommen, etwa bei der Schädlingsbekämpfung in Verbindung mit Nützlingen oder auch der Zusammensetzung von verschiedenen Erden. Das sind alles wertvolle Tipps, die wir gerne annehmen.
CSC-Maps: Das ist wirklich beeindruckend.
Daniel Keune: Ja, wir sind auch sehr beeindruckt von dieser Unterstützung.
CSC-Maps: Unseres Wissenstands nach, musste man zu Beginn in Niedersachsen noch kein Gesundheits- und Jugendschutzkonzept einreichen. Habt ihr dennoch eines eingereicht?
Daniel Keune: Ja, wir haben ein Jugendschutzkonzept ausgearbeitet und eingereicht. Was noch offen ist, ist der Lehrgang für die Präventionsbeauftragte. Dieser soll Anfang August angeboten werden. Wir werden dann auch direkt mehrere Mitglieder aus unserem Verein zum Lehrgang schicken.
CSC-Maps: Wisst ihr denn schon, welche Organisation sich in Niedersachsen um die Schulungen kümmern wird?
Daniel Keune: Ja, das wird direkt von der Landwirtschaftskammer angeboten.
CSC-Maps: Oft hört man von verschiedenen Seiten, einschließlich einiger Behörden, dass unter Umständen das Baurecht genutzt werden könnte, um Anträge zu verzögern oder abzulehnen. Besonders beim Indoor-Anbau, bei dem meist Lagerhallen oder ähnliche Gebäude genutzt werden, kann das Baurecht problematisch werden. Diese Hallen sind ja in der Regel nicht für den Anbau von Pflanzen genehmigt. Es steht zu befürchten, dass eine Behörde, die den Prozess verzögern möchte, sagen kann: „Das muss erst baurechtlich geklärt werden.“ Und das kann sich durchaus hinziehen. Hattet ihr in diesem Bereich keine Schwierigkeiten?
Daniel Keune: Nein, wir bauen indoor in landwirtschaftlich genutzten Flächen an, wodurch baurechtliche Hürden zum Glück vermieden wurden. Ich bin da aber ganz bei euch: Wenn du da noch eine Blockade drin hast, wird es schwierig.
CSC-Maps: Nachdem ihr die Erlaubnis erhalten habt, gab es sicherlich viele Mitgliedsanfragen. Habt ihr somit bereits die 500 Mitglieder erreicht?
Daniel Keune: Wir sind nahezu voll, haben aber noch ein kleines Kontingent an freien Plätzen verfügbar.
CSC-Maps: Kannst du uns einen Überblick darüber geben, wie die Mengenplanung für den Indoor-Anbau aussieht? Mit wie viel Ertrag rechnet ihr?
Daniel Keune: Für das erste Jahr haben wir 74 Kilogramm beantragt und genehmigen lassen. Diese Menge kann bei Bedarf etwas angepasst werden. Unser Modell für die Mitglieder ist recht einfach gehalten und wir können anhand der Zahlen, die wir haben, ungefähr ableiten, wie viel wir pro Kopf benötigen.
CSC-Maps: Bezieht sich die Menge von 74 Kilogramm auf das gesamte Jahr bis Ende Dezember oder auf einen Zeitraum von zwölf Monaten?
Daniel Keune: Diese 74 Kilogramm gelten für ein Jahr.
CSC-Maps: Okay, und diese Menge muss von der Behörde vorab genehmigt werden?
Daniel Keune: Ja, das gehört zum Erlaubnisantrag. Man muss angeben, mit wie vielen Mitgliedern man rechnet und realistische Zahlen vorlegen. Im Detail wird sich das jedoch erst zeigen. Ich kann auf jeden Fall sagen, dass wir jetzt schon dabei sind, unsere zweite Anlage auszubauen, um die zweite Welle abzudecken. Wir rechnen übrigens mit einem Durchschnittsbedarf von 15 bis 20 Gramm pro Kopf.
CSC-Maps: Du sagtest vorhin, dass ihr indoor anbaut, somit ist der Grow bei euch bereits aktiv im Gange?
Daniel Keune: Richtig, wir haben bereits zwei Tage, nachdem wir die Genehmigung erhalten haben, unsere Pflanzen gesetzt.
CSC-Maps: Wie habt ihr die Investitionen für eure Produktionsstätte finanziert? Könnt ihr dazu etwas genaueres sagen?
Daniel Keune: Natürlich, gerne. Wir haben die Finanzierung durch eine Kombination verschiedener Quellen gemeistert. Zum einen haben wir Eigenkapital aus unserem Kernteam eingebracht. Zum anderen kam unser Konzept bei vielen Kunden und Partnern sehr gut an, was uns zusätzliche Unterstützung eingebracht hat.
CSC-Maps: Gibt es spezielle Beispiele für diese Unterstützung?
Daniel Keune: Ein konkretes Beispiel war unser Besuch bei der Firma SanLight. Wir waren vergangenen März vor Ort in Österreich, um unsere Kontingente für Lampen zu sichern. Damals herrschte ein enormer Andrang auf Lampen von SanLight und wir wollten sicherstellen, dass wir die besten Lampen für unseren Anbau erhalten. Aber auch darüber hinaus sind wir breit aufgestellt und profitieren von verschiedenen Ressourcen, darunter auch Genetiken, die wir uns sichern können, hier kooperieren wir übrigens mit Royal Queen Seeds. All diese Unterstützung trägt erheblich dazu bei, unser Vorhaben voranzubringen, und wir sind dankbar für die hervorragende Zusammenarbeit und die Hilfe, die wir erhalten.
CSC-Maps: Wirklich schön zu hören, dass auch internationale Brands wie Royal Queen Seeds und Sanlight euch unterstützen. Ich nehme an, ihr nutzt dementsprechend auch Royal Queen Seeds Genetik für euren Anbau?
Daniel Keune: Genau, das wird später eine Mischung werden. Die Mitglieder können auch Wünsche äußern und wir passen das an. Für den Start haben wir uns erstmal für diese Genetik entschieden.
CSC-Maps: Wie ist das bei euch organisiert? Wer kümmert sich um den Anbau? Habt ihr einen Head of Grow, der die Verantwortung trägt? Oder sind externe Firmen involviert, die euch unterstützen?
Daniel Keune: Das ist eine gute Frage. Wir haben im Verein einige Mitglieder, die sich sehr gut mit dem Anbau auskennen. Unser Kernteam ist sorgfältig ausgewählt, sodass jeder spezielle Kompetenzen einbringt, sei es in der Technik, Botanik oder in der Verwaltung. Diese Expertise fließt in unsere Arbeit ein und wird für ein gutes Ergebnis sorgen. Natürlich arbeiten wir zudem auch mit externen Firmen und Unternehmen zusammen, um den Anbau technisch umzusetzen.
CSC-Maps: Okay. Es scheint, dass das Gesetz teilweise weltfremd ist, indem es annimmt, dass jedes Mitglied am Anbau mitwirken soll.
Daniel Keune: Absolut! Es wäre unrealistisch zu erwarten, dass jedes Clubmitglied aktiv am Anbau beteiligt ist. In der Theorie mag das vielleicht so gewünscht sein, aber in der Praxis muss man einen Mittelweg finden, auch in Zusammenarbeit mit den Behörden. Natürlich haben viele Mitglieder Interesse daran, zu wissen, wo der Anbau stattfindet, und möchten gerne dabei sein. Aber das können wir nicht realisieren. Das ist ein Problem, nicht nur für uns, sondern auch für andere Vereine. Dieses Thema muss geklärt werden.
CSC-Maps: Wie habt ihr euch in Sachen Produktplanung aufgestellt? Möchtet ihr zukünftig nur Blüten anbieten oder plant ihr auch andere Produkte über die Blüten hinaus, wie Haschisch oder auch Pre-Rolls?
Daniel Keune: Derzeit planen wir die Abgabe von verschiedenen Cannabisblüten sowie von Stecklingen und Samen – Haschisch und Co. sind zur Zeit nicht in Planung. Zudem haben wir in unserer Abgabestelle einen Vorraum eingerichtet, in dem wir unsere Mitglieder in Sachen privater Eigenanbau und Grow-Zubehör beraten und unterstützen möchten. Da wir eine hohe Nachfrage nach Stecklingen haben, wollen wir unseren Mitgliedern gezielt bei dem Grow ihrer eigenen Pflanzen unterstützen.
CSC-Maps: Welche Mitgliedsbeiträge müssen die Mitglieder bei euch zahlen und was wird das Gramm am Ende kosten?
Daniel Keune: Bei uns funktioniert das folgendermaßen: Wir erwarten je nach Sorte einen Selbstkostenpreis zwischen 8 und 12 Euro pro Gramm Cannabis. Das mag für einige hoch erscheinen, besonders im Vergleich zu Vereinen, die Cannabis für deutlich weniger anbieten möchten, teilweise sogar für unter 5 Euro das Gramm. Doch man muss ehrlich sagen, dass es schwer vorstellbar ist, wie bei solchen Preisen die Stromrechnung und alles andere bezahlt werden soll. Feste monatliche oder jährliche Beiträge gibt es bei uns nicht – die Mitglieder zahlen nur das, was sie auch abnehmen. Wer regelmäßig vorab z.B. per Lastschrift zahlt, kommt etwas günstiger weg, weil das ja auch für uns die Planbarkeit erhöht.
CSC-Maps: Daniel, wie sieht es bei euch mit dem Thema Sicherheit aus? Das ist bestimmt ein wichtiger Punkt, besonders in Bezug auf die Produktion und die Abgabestelle. Welche Vorkehrungen habt ihr getroffen?
Daniel Keune: Genau, Sicherheit ist ein großes Thema bei uns. Es gibt bestimmte Anforderungen, die im Rahmen der Antragstellung erfüllt sein müssen. In Niedersachsen gibt es zum Beispiel Vorgaben zu bestimmten Sicherheitsmaßnahmen, die nachweisbar umgesetzt werden müssen. Dazu gehören solide Türen mit einer gewissen Dicke, keine offenen Fenster, ein Kamerasystem und eine Alarmanlage. In unserer Abgabestelle gibt es natürlich Sicherheitsvorkehrungen wie abschließbare Schränke und Safes, um die Produkte sicher zu lagern. Der Transport der Produkte, besonders bei getrennten Standorten, ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt. Hier gelten klare Vorschriften: geschlossene Kisten und gesicherte Transportwege. Wir stehen in ständigem Austausch, um sicherzustellen, dass alle Sicherheitsmaßnahmen eingehalten werden.
CSC-Maps: Was waren oder sind die größten Herausforderungen für euch? Wo habt ihr besonders viel Zeit und Arbeit investieren müssen, woran seid ihr fast verzweifelt? Gab es da etwas?
Daniel Keune: Zum Glück können wir nicht wirklich von großen Problemen berichten. Natürlich will ich nicht sagen, dass alles reibungslos verlaufen ist, aber wir hatten keine gravierenden Schwierigkeiten. Es gab einige Sorgen, vor allem aufgrund der unsicheren Gesetzeslage und dem fortlaufenden Prozess. Viele Themen waren unklar, zum Beispiel, wie wir den Anbau und die Genehmigungen rechtzeitig umsetzen können. Wie alle anderen Vereine haben wir uns gefragt, ob wir in den drei Monaten, die wir zur Vorbereitung hatten, alles regeln können. Das hat uns durchaus beschäftigt.
CSC-Maps: Na das passt ja zum Gesamtbild: Bei euch läuft es halt einfach! Wenn man das jetzt mal mit Vereinen aus Großstädten wie Berlin, Hamburg und Co. vergleicht, da fangen bereits die Probleme mit der Abgabestelle an. Finde da mal die richtige Gewerbeeinheit, das ist aufgrund der 200m Abstandsregel so gut wie nicht umsetzbar, vor allem nicht innerstädtisch. Und wenn du dann endlich das Glück hast und eine passende Gewerbeeinheit findest, musst du noch den Eigentümer von deinen Plänen überzeugen. Good Luck!
Daniel Keune: Oh ja, das kann ich mir gut vorstellen. Was unsere Abgabestelle oder auch die Produktionsfläche betrifft, haben wir das Glück, dass wir auf Immobilien zugreifen können, die sich im Eigentum befinden. Das macht am Ende natürlich vieles einfacher.
CSC-Maps: Wie geht es jetzt bei euch weiter? Was können die Mitglieder in den kommenden Monaten erwarten? Gibt es besondere Meilensteine?
Daniel Keune: Ja, natürlich steht als nächster großer Meilenstein die Ernte und die Abgabe an unsere Mitglieder an. Aber schon davor gibt es einiges, worauf sich die Mitglieder freuen können. Anfang September planen wir unser erstes Grillfest, und wir bereiten uns auf unsere erste große Mitgliederversammlung vor. Diese kleinen Events sind für uns wichtig, um das Vereinsleben zu fördern. Jeder, der sich einbringen möchte, ist herzlich willkommen, aber es besteht kein Zwang.
CSC-Maps: Ihr Lieben, wir kommen tatsächlich auch schon zum Ende unseres Interviews. Abschließend noch eine Frage: Du hattest es anfangs schon kurz erwähnt, aber hast du noch wertvolle Tipps für angehende Social Clubs, insbesondere was die Antragstellung betrifft?
Daniel Keune: Natürlich! Was ich wirklich jedem empfehlen kann, ist der frühzeitige und kontinuierliche Austausch mit der jeweiligen Behörde. Das ist enorm wichtig. Es bringt auch nichts, mit Halbwahrheiten oder Unklarheiten zu arbeiten. Offenheit und Transparenz sind hier der Schlüssel. Wir haben das von Anfang an so gehandhabt, und ich glaube, das ist ein Grundsatz, den man befolgen sollte. Letztlich wollen wir ja alle etwas erreichen, und dafür muss man manchmal hartnäckig sein und nachhaken. Es wird nicht immer alles reibungslos verlaufen, so wie es bei uns oft der Fall war. Daher ist es wichtig, nicht aufzugeben und immer dranzubleiben. Die Zusammenarbeit mit den Behörden kann herausfordernd sein, aber sie ist auch der Weg zum Erfolg.
CSC-Maps: Danke für das informative Gespräch. Wir wünschen euch für die Zukunft weiterhin viel Erfolg!